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Antrag / Anfrage / Rede

Weinachtsrede 2012 im Kreistag

Redebeitrag von Bernhard G. Suttner in der Kreistagssitzung vom 17.12.2012

Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

fast jede Rückschau löst ein Wechselbad von Enttäuschung und Zufriedenheit aus. Schön, wenn letzteres überwiegt!

Positiv schlägt unserer Meinung nach zu Buche, dass der regionale Planungsverband und mit ihm auch unser Landkreis jetzt die jahrzehntelange Ablehnung der Windkraftnutzung in eine maßvolle Wertschätzung umgewandelt hat. Wir haben allerhand aufzuholen, um die Potentiale unserer Region optimal nutzen zu können. Aber der organisatorisch-rechtliche Anfang ist nun gemacht. Die Zukunft wird trotz aller Globalisierungstendenzen in vieler Hinsicht regional geprägt sein. Dies gilt vor allem für die Energienutzung. Wir sollten uns jetzt an jenen Regionen orientieren, die mit breiter Beteiligung der Bürgerschaft basisnahe Unternehmensformen gewählt haben. Diese garantieren, dass nicht große Kapitalgesellschaften die Gewinne der Energiewende abschöpfen, sondern dass ein möglichst großer Teil dieser Gewinne in der Region und in Bürgerhand bleibt. Deshalb treten wir nach wie vor dafür ein, unter Beteiligung des Landkreises eine Energiegenossenschaft zu gründen, in der jede und jeder mit kleinen Einlagen in eine sichere Energiezukunft investieren kann. Der Schrecken unvermeidbar höherer Energiepreise nimmt sicher ab, wenn man nicht nur Konsument der Energie, sondern auch Produzent und Verkäufer ist!

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Positiv zu erwähnen ist beim Jahresrückblick die Beschlussfassung über einen neuen Nahverkehrsplan. Wir alle haben während der intensiven Beratung erneut gesehen, dass ein gutes Grundgerüst existiert, dass wir aber von einer optimalen Versorgung deutlich entfernt sind. Das liegt natürlich auch an unseren geographischen Bedingungen. Wir jagen keinen Utopien nach; aber wir treten dafür ein, das Angebot von Bus und Bahn in unserem Landkreis Schritt für Schritt zu einer echten Alternative zum vielfach bestehenden „Autozwang“ auszubauen. Bei der dringender denn je nötigen Reduzierung der Treibhausgase haben Handwerk und Industrie mittlerweile Fortschritte gemacht. Auch viele Privathaushalte haben – wie auch der Landkreis - in den letzten Jahren in die energetische Sanierung der Gebäude investiert und so einen Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Leider ist im Verkehrswesen Gegenteiliges zu erkennen: Hier werden von der Staatsregierung geradezu verrückte Zahlen bis zum Jahr 2025 prognostiziert – mit Steigerungsraten von rund 50 % auf der Straße und bis zu knapp 100% in der Luft! Es wäre an der Zeit, die Alternativen Bahn und Bus mit echter Leidenschaft voranzubringen. Wir waren uns im Arbeitskreis zur Entwicklung des Nahverkehrsplans darüber einig, dass das bestehende gute Angebot leider unter einem eher problematischen Image leidet. Dieses schwierige Image wird weiter belastet, wenn Zustände im Schülerverkehr geeignet sind, Sicherheitsbefürchtungen auszulösen. Wenn Schüler und Eltern den Bus als tägliches Problem erfahren, weicht man wieder auf den Individualverkehr aus und lehnt den ÖPNV emotional ab!

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Mit steigender Spannung sehen wir dem Tag entgegen, an dem unser Antrag auf eine systematische Rückführung der Landkreisschulden auf die Tagesordnung kommt. Wir hoffen sehr, dass es nicht im Zuge der Haushaltsberatungen heißt, jetzt sei für Grundsatzdiskussionen keine Zeit… Freilich kann man sehr zu Recht sagen, dass unser Landkreis kein Schuldensorgenkind mehr ist. Umso leichter wäre es, sich eine strenge Selbstverpflichtung aufzuerlegen - mit einer verpflichtenden Zahl für die jährliche Mindestentschuldung.

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Eher Enttäuschung löst beim Rückblick die breite Ablehnung unseres Antrags auf eine Informationsfreiheitssatzung aus. Wir hätten uns auch gewünscht, dass die von uns beantragte Informationsveranstaltung zur Entwicklung des digitalen Behördenfunks nicht nur als „Bekenntnistag“ zur Notwendigkeit einer Modernisierung verlaufen wäre. Die Modernisierungsnotwendigkeit bestreitet ja niemand; allerdings gibt es ganz offensichtlich umfangreiche technische Probleme und massive Kostensteigerungen bei der Realisierung dieses Projektes – von immer wieder behaupteten Gesundheitsgefahren für die Träger der Geräte ganz zu schweigen. Hier vermissen wir eine offensive Informationspolitik: Wo stehen die Sender? Was ist noch geplant? Hat der erweiterte Probebetrieb auch bei uns schon begonnen? Welche Kosten kommen auf die Kommunen wirklich zu? Wie geht man mit den Schwächen des Systems um – z.B. mit dem Zusammenbruch des Digitalfunks nach nur zwei Stunden Stromausfall? Das alles sind nach wie vor weitgehend unbeantwortete Fragen.

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Unerfreulich ist auch, dass jetzt in der Endphase der Entscheidungsbildung zum Donauausbau und zum Hochwasserschutz die gewählten Vertreter aus den Kreistagen nicht in die Information einbezogen wurden. Wir sehen die Entwicklung mit einigen Hoffnungen auf eine vernünftige Lösung sowohl für den Hochwasserschutz als auch für die Schifffahrt und vor allem für den Erhalt der ökologischen Schätze unserer Heimat. Der Ministerpräsident muss nicht jede Woche nach Niederbayern fahren. Aber wir hätten z.B. gerne hier im Kreistag mit dem zuständigen Minister ein Gespräch über seine für viele überraschende, neue Sicht der Dinge geführt. Unser Antrag steht nach wie vor im Raum: Wir sollten Herrn Staatminister Marcel Huber einladen, in Straubing vor Kreistag und Stadtrat Rede und Antwort zu stehen!

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Dass nun wieder mehr Menschen zu uns kommen, um hier aus unterschiedlichen Gründen Zuflucht zu suchen, hat Sie, Herr Landrat und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch die aufnehmenden Gemeinden und Schulen vor schwere Aufgaben gestellt. Dass Sie immer betont haben, dass Menschen kommen, denen jetzt unmittelbar geholfen werden muss – unabhängig von ihrer Aussicht auf Anerkennung als Flüchtlinge – das verdient ausdrücklich Anerkennung. Auch dass unsere Heimatzeitung dies alles aufklärend und um Verständnis werbend begleitet hat, ist hervorzuheben. Wir meinen, dass diese vorbildliche Arbeit ergänzt werden muss, durch eine Verstärkung der integrierenden Sozialarbeit – an den Schulen und in den Unterkünften. Die Halbtagskraft der Caritas ist angesichts der steigenden Zahlen einfach nicht mehr ausreichend, diese Menschen zu beraten und zu begleiten.

Die Beurteilung der Asylanträge ist Sache der dafür eingerichteten Fachstellen. Unsere Sache ist es, den angekommenen Menschen und hier vor allem den Kindern, eine würdige Umgebung zu schaffen und möglichen Konflikten rechtzeitig und in geeigneter Weise vorzubeugen.

Die Qualität eines Gemeinwesens zeigt sich immer dort, wo Menschen in Schwierigkeiten stecken, wo Menschen dauerhaft oder aktuell Hilfe brauchen, wo Konflikte drohen und nicht mehr alles heiter und locker im Partystil abläuft. Sowohl Artikel 1 unseres Grundgesetzes als auch die unsere Gesellschaft nach wie vor tragende christliche Religion verpflichten uns, auf Menschen in besonderer Weise zu achten, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Bei der Jubiläumsfeier des Ursulinen-Fördervereins vor wenigen Wochen, hat Domkapitular Neumüller einen bemerkenswerten Satz gesprochen: „Seit Jesus Christus geboren wurde, ist eine Konkurrenz zwischen Menschendienst und Gottesdienst ohne Sinn.“ Dienst am Menschen, Einsatz für Gerechtigkeit und Würde ist deshalb in einer christlich geprägten Gesellschaft nicht beliebig sondern verpflichtend. Dies gilt für die eigene Heimat. Es gilt aber auch für die Menschen, mit denen wir indirekt täglich zu tun haben, obwohl wir sie niemals zu Gesicht bekommen: Kleidung, elektronische Geräte, Fußbälle, Kaffee, Tee, Schokolade – ja sogar Grab- und Pflastersteine - vieles davon wird in Billiglohnländern produziert. Für uns selbstverständliche Standards sozialer und ökologischer Art und das Recht sich gewerkschaftlich zu organisieren, gibt es in vielen dieser Länder nicht. Der sog. „faire Handel“ baut in diesen Ländern Inseln des besseren Lebens und Arbeitens auf und setzt so allmählich Standards auch für den „normalen“ Handel.

Wir schlagen deshalb vor, dass unser Landkreis im kommenden Jahr prüft, ob er sich der Initiative vieler Kommunen in ganz Europa für die Ausweitung des fairen Handels anschließen kann und will. Die erfolgreiche Initiative der Stadt Straubing sollte auch von uns aufgenommen werden. Ich bin mir sicher, dass Jugend- und Sportverbände, Schulen, gastronomische Betriebe und Einzelhandelsgeschäfte und sicher auch die Kirchengemeinden mit dabei sein werden, wenn es gilt, ausbeuterische Kinderarbeit zu vermeiden, die Produktionsbedingungen der Kleinbauern zu verbessern und ganz generell faire Preise und Löhne jenseits des reinen Gewinnstrebens durchzusetzen. Es steht fest, dass die „fair-trade“-Bewegung erfolgreich ist. Ich bitte Sie alle, um eine entsprechende Initiative im kommenden Jahr.

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Dem Dank meiner Vorredner an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes, der Landkreisschulen und der Landkreiseinrichtungen, unserer erfolgreichen Kliniken und auch dem Dank an alle freiwillig tätigen Menschen in Initiativen und Verbänden schließe ich mich im Namen unserer Fraktion von Herzen an.

Dass auch wir uns die Fortsetzung der Arbeit ohne die ebenso faire wie sachkundige Begleitung durch Herrn Regierungsdirektor Lermer nur schwer vorstellen können, dürfen Sie uns glauben. Dennoch wünschen wir Ihnen viel Freude an Ihrer neuen Tätigkeit und gönnen Ihnen das „Abenteuer Stadt“!

Abschließend wünsche ich Ihnen allen - auch im Namen unserer Fraktionsmitglieder - ein gesegnetes Weihnachtsfest und hoffe, dass Sie sich auf das neue Jahr freuen - mit seinen alten und neuen Aufgaben - und wohl auch mit der einen oder anderen Überraschung.






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