Antrag / Anfrage / Rede
Haushaltsrede 2004 - Kreistag
Rede des ödp/PU-Fraktionsvorsitzenden Bernhard Suttner zur Haushaltsberatung 2004 - gegen Sozialabbau - für Bürgergesellschaft - gegen Subvention (keine Kürzung für 2004 beschlossebn) des Flughafens Wallmühle - dem Haushalt 2004 wird die Zustimmung verweigert
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Damen und Herren,
meine Fraktion wird diesem Haushalt nicht zustimmen und zwar aus folgenden Gründen:
Wir gehen den eingeschlagenen Weg nicht mit, der auf einen weitgehenden Abbau des sozialen und kulturellen Teils der freiwilligen Leistungen hinausläuft. Vor diesem Weg hat in der Vergangenheit der heutige Landtagspräsident Alois Glück stets gewarnt. Die Unterstützung sozialer und kultureller Aktivitäten sei ein Herzstück der Kommunalpolitik; die Kommunen dürften keine reinen Verwaltungs- und Bauorgane werden sondern müssten die aktive Bürgergesellschaft repräsentieren.
In diesem Jahr wird der erste Schritt zum Ausstieg aus den freiwilligen Leistungen getan; aber das endgültige Ziel wurde zwischen den Zeilen mancher Beiträge in der Haushaltsberatung erkennbar: Der Landkreis – so raunte es vor allem von Seiten der FW-Fraktion - soll sich mittelfristig von wesentlichen Teilen seiner bisherigen Engagements verabschieden.
Wir kritisieren vor allem auch, dass keineswegs alle freiwilligen Leistungen gekürzt werden, wie manchmal behauptet wird:
Ungekürzt bleibt z.B. die seit vielen Jahren übliche regelmäßige Subventionierung der Flugplatz Wallmühle GmbH. Man sagt, dass es hier einen bindenden Vertrag gebe... Hat nicht auch der Kreisjugendring einen gültigen Vertrag mit dem Landkreis über die Höhe seines Budgets? Trotz dieses Vertrages hat man mit den Verantwortlichen geredet und deren Zustimmung für eine erhebliche Kürzung der eigentlich zugesagten vertraglichen Leistungen erreicht. Der neue und alte Kreisjugendringsvorsitzende Kollege Zellmeier hat vorgestern in der KJR-Vollversammlung berichtet, dass man den Kürzungen zugestimmt habe - einerseits aus Éinsicht und gutem Willen, andererseits weil man die Kündigung des Vertrages befürchten musste! Offensichtlich wurde seitens des Landkreises hart verhandelt...
Ähnlich wurde bei der Kürzung des Budgets der Kreismusikschule verfahren. Ganz zu schweigen von der Kreiswohnungsbau-GmbH: Hier wurde in den letzten Jahren massiv die Geschäftsgrundlage neu verhandelt – mit äußerst positivem Erfolg für den Kreishaushalt: Regelmäßige Einnahmen aus der Verzinsung der Darlehen plus erhebliche Geldzuflüsse an die Kreiskasse aus der Eigenkapitalreduzierung und dem Rückkauf von Gesellschaftsanteilen durch die GmbH selbst.
Nur beim Flugplatz beruft man sich auf die Unantastbarkeit eines Vertrages, der für dieses Wirtschaftsunternehmen jährlich rund 90 000.- Euro wert ist.
Ungekürzt bleiben auch die Aufwendungen des Landkreises für die Fraktionen und für die Kreisräte selbst. Eine Reduzierung dieser Zuwendungen um 10% hätte es ermöglicht, die besonders wichtigen, präventiv-sozialen Initiativen des Kinderschutzbundes und der Caritas sowie anderer Verbände ungekürzt zu lassen.
Verwunderlich ist auch, dass dem eher kommerziell ausgerichteten Festival „Jazz an der Donau“ dessen Träger in Vilshofen sitzen, die Zuschüsse in gewohnter Höhe erhalten bleiben während die von idealistischen Landkreisbürgern gegründete und getragene Initiative „Bluval“ Kürzungen ertragen muss.
Zusätzlich leistet sich der Landkreis für 9000.-Euro ein neues Logo und strebt danach, gegen den Willen der Regierung ein teueres Internet-Lehrstellenangebot zu installieren, obwohl solche Angebote von der Bundesagentur für Arbeit und von privaten Firmen ohnehin geleistet werden.
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Sie, sehr geehrter Herr Landrat, haben die Fraktionen in Ihrer Haushaltsrede ersucht, sich nicht „populistisch gegen den Sparkurs zu stellen“.
Es geht nicht um eine Verweigerung gegenüber Sparbemühungen. Es geht darum, nicht nur das Finanzproblem zu bearbeiten sondern gleichzeitig auch das Glaubwürdigkeitsproblem der Politik! „Sparen ja – aber nicht bei mir!“ – vor diesem Vorwurf sollten wenigsten wir uns schützen.
Der Einsatz für die manchmal sogar hier in diesem Gremium als „Sozialkonzerne“ abqualifizierten caritativen Verbände ist für unsere Fraktion kein Populismus. Der populistische Zeitgeist steht gegen den Sozialstaat und für einen liberalistischen Egoismus der Starken. Der Einsatz der sozial-caritativen Verbände gilt den Schwachen in der Gesellschaft.
Die Subventionierung der Fliegerei in vollem Umfang zu erhalten, die Zuwendungen aus der Kreiskasse an die Fraktionen unangetastet zu lassen und gleichzeitig die Mittel für die Familienhilfe zu kürzen ist unserer Meinung nach nicht in Ordnung. Wir haben mit unseren Anträgen zur Haushaltsberatung einen Weg aufgezeigt, wie man die präventiven Projekte der Sozialverbände hätte ungekürzt lassen können. Wir bedauern es, dass dafür keine Zustimmung zu gewinnen war.
Der Arbeit der so genannten „Strukturkommission“ möchten wir insgesamt den Respekt nicht versagen. Es darf jedoch nicht vorrangig und vielleicht sogar ausschließlich das Ziel verfolgt werden, durch Arbeitsverdichtung und 42-Stunden Woche das Personal zu reduzieren.
Wichtiger ist es, Kosten beim Sachaufwand, beim Energieverbrauch, bei überflüssigem Nebeneinander ähnlicher Fachbereiche zu reduzieren. Deshalb muss unbedingt das angepackt werden, was wir seit vielen Jahren einfordern und auch in diesem Jahr wieder beantragt haben: Für die Wirtschaftsförderung und für den Tourismus - vielleicht auch noch für weitere Bereiche - muss die Zusammenarbeit zwischen Stadt Straubing und Landkreis Straubing-Bogen endlich organisatorisch auf die Reihe gebracht werden. Weder ansiedlungswillige Betriebe noch potentielle Feriengäste differenzieren zwischen Stadt und Landkreis – sie wollen Informationen über die ganze Region. Hier ist weitestgehende Kooperation (Stichwort: „interkommunale Zusammenarbeit“) und der Sprung über den eigenen Schatten angesagt! Dabei kann sich das Ergebnis weiter verbessern und nebenbei sicher der eine oder andere Kostenfaktor wegsparen lassen.
Mit großem Bedauern sehen wir die faktische Beendigung des Agenda-21-Prozesses. Sie haben in Ihrer heutigen Rede die Agenda 21 als „Bewusstseinbildungsprozess“ bezeichnet, der vom „aktiven Regionalentwicklungsprozess Leader+“ abgelöst wird. Das ist nach unserer Einschätzung eine ungute Entwicklung. Agenda heißt bekanntlich im Wortsinn: „Was gemacht werden muss.“ Das ist weit mehr als bloße Bewusstseinsbildung. Dieser Kreistag hat einstimmig ein „Aktions“-Programm beschlossen! Die Finanzprobleme des Landkreises haben bisher größere Investitionen bei der Agenda-21-Umsetzung verhindert. Dafür haben wir natürlich Verständnis. Dennoch bringt der Landkreis trotz der Finanzmisere Immer wieder einiges an Investitionen z.B. im Straßenbau zustande. Warum gelingt dies nicht bei der energetischen Optimierung unserer Gebäude und Fahrzeuge? Die in Ihrer Rede angekündigte Erneuerung der Heizungsanlagen beim Schulzentrum Bogen und beim Burkhardt-Gymnasium Mallersdorf muss unbedingt auf der Basis nachwachsender Rohstoffe erfolgen, damit der Landkreis wieder einmal sein Engagement für den Klimaschutz beweisen kann. Wir freuen uns heute schon darauf, den Haushalten kommender Jahre zuzustimmen, wenn sie derartige Investitionen enthalten!
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Auch wir bedanken uns bei der gesamten Landkreisverwaltung – insbesondere bei Herrn Kreiskämmerer Hoefert und seinem Team sowie bei der Rechnungsprüfungsabteilung mit Herrn Brodkorb an der Spitze für die gute Arbeit.
Unsere Kritik am Haushalt 2004 hat ausschließlich die genannten Gründe und bedeutet keine Kritik an der fachlichen Arbeit der Verwaltung.
Wenn in künftigen Jahren wieder einmal Vorschläge der anderen Fraktionen eine Chance auf Berücksichtigung haben, wird Ihnen unsere Zustimmung wieder sicher sein.